#Bester Zeuge südlichen Klimas – Unterwegs auf dem Pfälzer Keschdeweg

KUNZ / Bernhard KUNZ

Einem mißglückten Liebesabenteuer von Göttervater Jupiter soll die Kastanie ihren Namen verdanken: Als die von ihm verfolgte Nymphe Nea lieber den Tod suchte, als ihre Unschuld zu verlieren, verwandelte der liebetolle Götter-Chef ihre sterbliche Hülle in einen prächtigen Baum – die „Casta Nea“, was auf Deutsch „Die keusche Nea“ heißt. Für den schwärmerischen Bayern-König Ludwig I., der rund um seine Villa Ludwigshöhe bei Edenkoben vor über 150 Jahren fast 25 000 Edelkastanien pflanzen ließ, war sie schlicht „bester Zeuge südlichen Klimas“.FpFoto

Die Pfälzer geben der Kastanie auf andere Weise die Ehre – sie schufen vor einigen Jahren den „Pälzer Keschdeweg“, der vom Deutschen Schuhmuseum in Hauenstein über genau 60,4 Kilometer durch oft dichte Kastanienwälder zum Hauptbahnhof in Neustadt führt. Wer ihn in seiner ganzen Länge unter die Wanderstiefel nehmen will, muss 1 437 Höhenmeter rauf, 1 540 Meter runter und 18 Stunden reine Wanderzeit einkalkulieren.

Belohnt wird er dabei aber durch Natur-, Landschafts- und Architektur-Schönheiten ganz besonderer Art. Das beginnt schon bei Hauenstein mit bizarren Felsformationen, auf die er ständig auch unterwegs stößt. Denn das sagenumwobene Trifelsland vor allem um Annweiler hat immer wieder Ausblicke auf ungewöhnliche Strukturen des Pfälzer Buntsandsteins zu bieten. Die mächtigen Kastanienwälder, die sich in einem breiten Band auf den Osthängen des Pfälzerwaldes hinziehen, sind in dieser Dichte einmalig in Deutschland.

Der Themenwanderweg „Pälzer Keschdeweg“ führt über kleine Waldgemeinden wie Lug und Wernersberg zunächst nach Annweiler – dann hinaus an den Haardtrand über Eschbach, Frankweiler, Gleisweiler und Burrweiler nach Edenkoben und schließlich über das Hambacher Schloß nach Neustadt. Entlang des „Keschdewegs“ gibt es einige Hütten des Pfälzerwald-Vereins oder der Naturfreunde – oberhalb von Hauenstein zum Beispiel das Wanderheim „Dicke Eiche“, dann unterwegs das Naturfreundehaus bei Annweiler, die Ringelsberghütte über Frankweiler oder die Anna-Hütte bei Burrweiler und schließlich die Rietania-Hütte bei Rhodt.

Auf anderen Wegabschnitten ist man aber auch schnell in einem der kleinen idyllischen Dörfer, die den „Keschdeweg“ markieren – auch bei den vier Nebenstrecken. Sie kann man an einem einzigen Tag bewältigen. Jeweils 15 Kilometer lang geht es von Hauenstein über Völkersweiler nach Annweiler oder von St. Johann bei Albersweiler über Ramberg und Rhodt nach Edenkoben. Vier Kilometer länger ist die Tour von Annweiler nach St. Johann und zurück – nur acht Kilometer weit braucht man von Burrweiler nach Edenkoben zu marschieren. Und überall gibt es in der „Keschdezeit“ die „keusche Frucht“ auf dem Boden einzusammeln, denn jeder Baum liefert bis zu 200 Kilogramm Ernte.

Aus dem „Arme-Leute-Essen“ der Vergangenheit und dem „Brot des Waldes“ ist längst eine kulinarische Spezialität geworden. Von September bis November gibt es fast überall entlang des Weges spezielle gastronomische „Keschde-Angebote“, denn aus den Kastanien werden in der Pfalz Delikatessen aller Art gefertigt: Pralinen und Brot, Likör und Saumagen, Essig und Gebäck – aber man kann die „Keschde“ auch gekocht oder gebraten einfach essen, wie man sie findet. Auf den Kastanienmärkten in Hauenstein, Annweiler und Edenkoben ist man kulinarisch bestens aufgehoben.

Informationen zum „Pälzer Keschdeweg“ gibt es im Internet unter www.keschdeweg.de oder telefonisch unter 06346 – 2200.