Die Weinbruderschaft der Pfalz, die älteste und größte der rund 50 ähnlichen deutschsprachigen Gemeinschaften, kommt ins Rentenalter. Sie wurde vor 65 Jahren als Zusammenschluss der seit 1939 bestehenden „Landsknechte der Weinstraße“ und des Neustadter Pressestammtisches von 1950 ins Leben gerufen. Initiator war der Verleger Daniel Meininger (1876-1964), der 1903 in Neustadt einen Weinfachverlag gegründet hatte und auch als Wegbereiter des Deutschen Weinlesefestes und der Wahl der Pfälzer und der Deutschen Weinkönigin gilt. Die mittlerweile rund tausend pfälzischen Weinbrüder haben sich zu einer ideellen Gemeinschaft zur Förderung und Pflege der Weinkultur zusammengefunden. Ihr Ordensspruch: „In vite vita“ (In der Rebe das Leben). Gründungsmitglieder vor 65 Jahren waren unter anderem die Schriftsteller und Mundartdichter Oskar Bischoff (1912-1987), Helmut Metzger (1917-1995) und Leopold Reitz (1889-1972), der „Weinkehlchen“-Begründer Hans Moster (1910-1982) und der erste Weinbauminister der Welt Oskar Stübinger (1910-1988).
Die Weinbruderschaft ist nach dem Vorbild mittelalterlicher Ritterorden organisiert: Die Gremien und Organe sind nach überlieferten Strukturen benannt. So bedeutet „Großer Konvent“ Mitgliederversammlung, die von einem „Ordensmeister“ als Vorsitzenden und einem „Ordenskanzler“ als zweitem Vorsitzenden geleitet wird. Der Bruderschaft, deren Mitglieder ausschließlich Männer sind, gehören auch drei Komtureien in Berlin, München und Nürnberg sowie eine Sektion in Holland an. Prominenteste Mitglieder, die für die Aufnahme zwei Bürgen mitbringen müssen, waren Ex Bundeskanzler Helmut Kohl und der frühere Ministerpräsident Kurt Beck.
Die Weinbruderschaft der Pfalz widmet sich bei ihren regelmässigen Weinrunden nicht allein dem Thema Wein, sondern hat auch literarische Lesungen, Kunstausstellungen, wissenschaftliche Vorträge oder interessante Reiseberichte im Programm. „Wir wollen eine Balence zwischen Tradition und Innovation herstellen,“ sagte der seit dem 10. Mai 2014 amtierenden Ordensmeister Oliver Stiess (Frankweiler). Er hatte in den 60 Jahren vor seinem Amtsantritt nur drei Vorgänger: Leopold Reitz (1955-1972), Theo Becker (1972-2002) und Fritz Schumann (2002-2014). Gepflegte Zentrale ist das Haus der Weinbruderschaft mitten in Neustadt nahe dem Rathaus.
Von dort aus werden auch die sozialen und caritativen Initiativen der Weinbruderschaft gesteuert. Die Weinbrüder unterstützen unter anderem den Neustadter Kinderchor „Pfälzer Weinkehlchen“, den Förderkreis für den Neustadter Meistersingerkurs und die Frühlingsakademie für Streicher, helfen dem Winzernachwuchs bei seiner Entwicklung und finanzieren Ehrenpreise für die Landesweinprämierung und für einen Prunkwagen beim Winzerfestumzug in Neustadt.
Einer der Höhepunkte im Jahresprogramm der Weinbruderschaft ist seit 1965 die „Große Pfalzweinprobe“ beim Deutschen Weinlesefest im Neustadter Kongresszentrum Saalbau mit jeweils an die tausend Teilnehmern.